In Nordrhein-Westfalen gehören Windparks inzwischen zum allgemeinen Landschaftsbild: Gut 3180 Megawatt Strom werden damit an windreichen Tagen erzeugt. Das klingt nach viel, reicht aber nicht an die Leistung klassischer Kraftwerke im Rheinland heran. So hat zum Beispiel das Braunkohlekraftwerk Neurath bei Grevenbroich gute 4400 Megawatt Kapazität.
Der Vergleich ist ein wenig fies, denn Neurath ist das zweitgrößte Kraftwerk seines Typs in Europa. Besser wäre ein Vergleich mit dem Flächen- und Flachland Niedersachsen. Hier werden im Idealfall – sturmfest und erdverwachsen – sagenhafte 7337 Megawatt erzeugt. Der Abstand zwischen den beiden Ländern spiegelt ein wenig die Geografie wieder, im Rheinland beginnt das nordeuropäische Tiefland zwar, doch Niedersachsen liegt größtenteils mittendrin.
Allerdings: Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) ergab, dass die Ausbeutung der Windkraft innerhalb Deutschlands nicht einmal ansatzweise ausgereizt ist. Theoretisch ließen sich 13,8 Prozent der Flächen in Deutschland für Windenergie nutzen – ohne Probleme mit Natur- und Lärmschutz. Auch wenn es ein wenig nach Milchmädchen klingt: Die höchstmögliche Kapazität dieser Anlagen läge bei 1190 Gigawatt und der Ertrag bei 2,9 Millionen Gigawattstunden Strom.
Zum Vergleich: Die erreichbare Strommenge wäre fünfmal so groß wie der Stromverbrauch 2012. Klingt phantastisch und ist es auch, denn vermutlich würde bei Verwirklichung des Szenarios ein Aufstand der Wutbürger folgen – Stichwort „Verspargelung der Landschaft“. Die Studie ist also weniger als Handlungsanweisung, denn als dringende Mahnung zu verstehen. Bislang setzen viele Windenergiebefürworter in der Politik ja auf die scheinbar unproblematischen (weil bürgerfernen) Offshore-Anlagen weit, weit draußen auf See.
Da die Küstenzonen in NRW sich auf die Ränder einiger größerer Talsperren beschränken, setzt das Land seit ein paar Jahren auf den Ausbau der Onshore-Windparks. Speziell für NRW gibt es eine Studie, in der die Möglichkeiten etwas genauer ausgelotet werden. Sie zeigt eine ähnliche Tendenz wie die Fraunhofer-Studie: Machbar sind hier pro Jahr 71 Terawattstunden, etwa das Doppelte des privaten Stromverbrauchs in NRW. Das entspricht Windparks mit gut 30 Gigawatt Leistung auf etwa 3,3 Prozent der Landesfläche.
Die Landesregierung möchte sogar noch weiter gehen. O-Ton aus dem Umweltministerium: „Um die Ausbauziele bei der Windenergie zu erreichen, müssen auch auf Waldflächen neue Vorranggebiete erschlossen werden. Der Grundstein für eine intensivere Nutzung ist bereits gelegt: Die technische Entwicklung hat neue Anlagentypen hervorgebracht, die mit Nabenhöhen von mehr als 100 Metern Höhe auch die turbulenzarmen Zonen über den Baumkronen unserer Wälder nutzen können.“
NRW hat nach Ansicht von Politik und Verwaltung mehr als genug grundsätzlich geeigneter Waldflächen, nämlich die etwa 348.000 Hektar Nadelwald außerhalb von Schutzgebieten – der klassische Nutzwald für die Herstellung von Papier, Bau-, Möbel- oder Brennholz. Das Ministerium geht davon aus, dass sich (nur) etwa drei Prozent dieses Bestandes wirklich eignen, so dass eine Anlagenleistung von wenigstens 6200 Megawatt darauf aufgebaut werden kann – gut zweimal so viel wie aktuelle Gesamtleistung im Land.
Bildquelle: Erich Westendarp / pixelio.de
Karte: Bundesumweltamt, eigene Bearbeitung
Diagramm: Bundesumweltamt
Wind energy is a big thing in Germany and also in North Rhine-Westphalia. 3180 megawatts are installed and the region ranks fourth in whole Germany. The countries secretary for the environment, Johannes Remmel, would like to push it to the front. His staff has compiled a survey of all areas that qualify for wind turbines. The result: 3,3 per cent of the countries land area can be used for a power capacity of 30 gigawatts. If some woodland is also used the result will be 36 gigawatts or more.